Al otro lado
Migration zwischen Mexiko und den USA
Am schlimmsten sind die Dornen, die Dunkelheit – und die Angst vor der "Migra", wie die Mexikaner die US-Grenzpolizei nennen. Verónica Ruiz kauert hinter einem Busch. Wo ihre Freundinnen sind, weiss sie nicht. Sie hocken wohl wenige Meter entfernt und atmen genauso leise wie sie. "Think of your family! Your kids!", ruft ein Polizist, erst auf Englisch, dann auf Spanisch, und schwenkt einen Scheinwerfer über das Gelände. "Go back to Mexico!" Verónica Ruiz sieht die Pistole des Polizisten.
Seit drei Jahren bietet El Alberto südlich von Mexiko-Stadt einen Abenteuerpark der besonderen Art. In einem simulierten Planspiel können Touristen hier erleben, wie es ist, illegal in die Vereinigten Staaten zu fliehen.
Tief in Hidalgos Hinterland leben die Hñahñu-Indígenas seit Jahren marginalisiert. Ausser Feldarbeit ist Arbeit rar. Von den ehemals 2000 Einwohnern leben heute noch 300 in El Alberto. 85% sind in die USA migriert.
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Um dem Aussterben ihrer Gemeinde entgegenzuwirken haben sich die Indígenas ein eigenes Konzept überlegt, und eine autonome Gesetzgebung verabschiedet. Demnach muß jedes im Ausland lebende Gemeindemitglied alle 8 Jahre für 1 Jahr zurückkehren und unentgeltlich für die Dorfgemeinschaft arbeiten. Seither geht es bergauf in der Gemeinde der Hñahñus. Gemeinsam haben sie einen Erlebnispark aufgebaut: mehrere Schwimmbecken und Rutschbahnen, ein Restaurant, einen Zeltplatz.
Die Hauptattraktion der Touristen ist die "Caminata Nocturna" - die Simulation der illegalen Grenzüberquerung in die USA. Um den Gästen eine möglichst authentische Szenerie bieten zu können, arbeiten 68 der Kurzzeitrückkehrer mit - sie spielen Schleuser, US-Grenzpolizisten, Tote oder fahren die Pick-ups.
Auf der Rückkehr in die USA ein paar Monate später tauschen sie wieder die Rollen und überqueren diese Grenze wieder selbst. Diesmal real.