in Italia mi chiamo anna
Migration von Ost nach West
Ukraine, Italien 2006/2007
"Es gibt kein Trinkwasser, keine medizinische Versorgung und keinen Kontakt zur Außenwelt. Einmal in der Woche bringt die Caritas einen Tanklaster mit 200 Litern Trinkwasser. Für 400 Menschen. Das reicht nie für alle. An den anderen Tagen trinken wir das Kühlwasser aus der Heizungsanlage der Grenzpolizei. Ich habe oft Prügeleien wegen des Wassers miterlebt. Die Rekruten stehen dann auf der anderen Seite des Zauns und lachen uns aus. Manchmal filmen sie die Prügeleien mit ihren Handys."
Samer, Palästina, im ukrainischen Grenzgefängnis Pawschino
Die Ukraine wird zunehmend Partner der Europäischen Union in Sachen Grenzsicherung. Für viele Flüchtlinge ist der osteuropäische Flächenstaat eigentlich ein Transitstaat auf dem Weg in den Westen, für die EU erfüllt er eine Türsteherfunktion und hält Flüchtlinge vom Grenzübertritt ab. Wer dennoch hinter der Grenze in der EU aufgegriffen wird, wird meist umgehend zurück transportiert, den ukrainischen Grenzwächtern übergeben und inhaftiert. In "Pawschino", der von der EU finanzierten, militärisch gesicherten Haftanstalt für Männer, sind 400 bis 500 Flüchtlinge monatelang interniert. Im Gegenzug für die Mitarbeit der Ukraine bei der Flüchtlingsabwehr beschloss die EU vereinfachte Visabestimmungen für ukrainische Staatsbürger und stellte Handelserleichterungen in Aussicht.
...
...
Vielen ukrainischen Staatsangehörigen bietet das völlig verarmte Land weder ein Auskommen noch eine Zukunftsperspektive. Hunderttausende Ukrainer arbeiten im Ausland, um das Überleben ihrer Familien zu sichern. In Europa, wo die Nachfrage nach Niedriglohn-Kräften aus Osteuropa boomt, leisten sie Arbeit zum Spottpreis, meist ohne legalen Aufenthaltsstatus und ohne Arbeitserlaubnis: Als Plantagenarbeiter, als Haushaltshilfe, in der Altenpflege. Je nach aktuellem Arbeitskräftebedarf der einzelnen Mitgliedstaaten strebt die EU künftig die "legale Immigration" aus Staaten wie der Ukraine, Moldawien oder auch Ägypten nach dem Rotationsprinzip an. Ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und soziale Integration sind nicht vorgesehen.
Halya war in der Ukraine Hochschullehrerin, heute arbeitet sie für drei Euro in der Stunde als Altenpflegerin in einem kleinen Dorf in Italien.